Sprunggelenksendoprothesen

Robert Siorpaes

Warum Sprunggelenksprothesen?

Arthrosen der unteren Sprunggelenke bei Z.n. OSG Arthrodese

In der Therapie der schweren oberen Sprunggelenksarthrose gilt nach wie vor die Arthrodese als goldener Standard. Ist sie wirklich der goldene Standard?

Bis zu 3 Monaten ist eine Gipsruhigstellung notwendig. In manchen Publikationen beträgt die Pseudoarthrose- Rate bis zu 30%. Anschlussarthrosen in den benachbarten Gelenken sind häufig und häufig auch symptomatisch. Ein großes Problem stellt auch die Stellung der Arthrodesen dar: Spitzfuß und Varus- oder auch Valgusfehlstellungen sind häufig, die dann eine entsprechend schwierige Schuhversorgung nach sich ziehen.

Wenn man dies bedenkt und unsere guten Erfahrungen mit der Endoprothetik an Knie, Hüfte und Schulter betrachtet, liegt der Wunsch nach einer endoprothetischen Versorgung des oberen Sprunggelenkes nahe. Der Erhalt des Abrollvorganges und die Korrekturmöglichkeiten im unteren Sprunggelenk sind weitere Vorteile.

Geschichte

Die Entwicklung der Sprunggelenksendoprothetik beginnt Anfang der 70ziger Jahre mit der Einführung von Zweikomponentenprothesen. Nach anfänglich vielversprechenden Resultaten erwies sich diese Methode jedoch im mittelfristigen Verlauf als unakzeptabel. Revisionsraten von 20-40% waren gang und gebe. Dann inaugurierten Büchel, Papas und H. Kofoed das Prinzip der meniskustragenden Dreikomponentenprothese. Zwischen der fast anatomisch geformten Taluskappe und einer planen Tibiaplatte bewegt sich, frei zur Tibia geführt, durch die Formgebung der Taluskomponente ein Polyäthylengleitkern. Die mittelfristigen Ergebnisse der aktuellen Dreikomponentenprothesen sind sehr ermutigend.

Aktueller Stand

In den letzten 15 Jahren wurden entscheidende Fortschritte in Hinblick auf Design und Technik der Sprunggelenksendoprothetik erreicht.

Der Patient kann nach einer gut implantierten Prothese über einen mittelfristigen Zeitraum von 8-10 Jahren mit einer schmerzfreien Funktion rechnen. So berichtet H. Kofoed über eine prospektive Serie 1995 mit einer Survivalrate von 84% innerhalb von 12 Jahren.

Korrekt implantierte Dreikomponentenprotheses

Korrekt implantierte Dreikomponentenprotheses (AES Firma Biomed)

Valdarramo verweist bei 128 Implantationen der HINTEGRA- Prothese nach ca. 2 Jahren auf über 84% gute Resultate, allerdings mit einer durchschnittlichen Beweglichkeit von nur 39°. Weber M. et al untersuchten über 100 Patienten mit der SALTO-Prothese nach ebenfalls ca. 2 Jahren nach und kamen auf ca. 80% zufriedene und sehr zufriedene Patienten und eine durchschnit- Arthrosen der unteren Sprunggelenke bei Z.n. OSG tliche Beweglichkeit von nur 32°. So gibt es einerseits noch eine Reihe von kurzfristig sehr ermutigenden Ergebnissen, andererseits besteht, verglichen mit der Hüft- oder Kniegelenksendoprothetik, eine relative hohe Revisionsrate. In den meisten Arbeiten finden sich zwischen 10 und 15% nicht zufriedene Patienten bzw. häufig Revisionen. Auffallend bei allen Nachuntersuchungen ist eine mit durchschnittlich unter 40° relativ limitierte Beweglichkeit. Gemeinsam ist in den meisten Untersuchungen die Tatsache, dass es keinen Zusammenhang zwischen Patientenzufriedenheit und Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk gibt.

Offensichtlich ist das Bewegungsausmaß nicht entscheidend, solange das obere Sprunggelenk beim Abrollvorgang benützt werden kann.

Was sind die Gründe für das Versagen moderne OSG-Implantate?

Tibiavarus - Rückfußvarus

links: Tibiavarus hätte mit einer Osteotomie korrigiert werden müssen
rechts: Rückfußvarus hätte gesondert korrigiert werden müssen


Hauptursache für das Versagen von OSG-Implantaten ist das Malalignement. Die korrekte Ausrichtung der Implantate ist beim Sprunggelenk noch um vieles kritischer als bei Hüft- und Kniegelenk.

Die nicht achsengerechte Positionierung der Tibia oder der Taluskomponente führt zu vermehrten Scherkräften, die dann zur Auslockerung der Implantate führen, weil am Sprunggelenk große Kräfte auf ein relativ kleines Implantat wirken, die bei schlechtem Sitz umso fataler sind.

Eine exakte achsengerechte Positionierung des Implantats ist daher unabdingbar.


Auch die Implantationsinstrumente der Sprunggelenke sind bei weitem nicht so gut entwickelt wie z.B. die Instrumente für die Implantation eines Kniegelenks.

Da die achsengerechte Implantation unbedingt notwendig ist, ist es logisch, dass man mit einer Sprunggelenksprothese keine Fehlstellungen korrigieren kann. Varus- oder Valgusfehlstellungen an der Tibia müssen gesondert mit Osteotomien korrigiert werden.

Ebenso können schwere Rückfußfehlstellungen im Varus- oder Valgussinne nicht durch die Endoprothese korrigiert werden. Diese sind mit Zusatzeingriffen entweder im unteren Sprunggelenk oder am Calcaneus zu behandeln.

Fersenvarus wurde mit einer Calcaneusosteotomie korrigiert

Fersenvarus wurde mit einer Calcaneusosteotomie korrigiert

Die modernen Dreikomponenten-Sprunggelenke sind bandgeführt, weshalb die Bandstabilität vorhanden und zudem symmetrisch sein muss. Fehlende Seitenbänder sind als Kontraindikation anzusehen. Allerdings kann man bei der häufig vorkommenden lateralen Instabilität den Bandapparat gleichzeitig mit der Implantation rekonstruieren.

Manchmal ist es auch notwendig, ein mediales Release zu machen. Dieses Release kann durch fraktioniertes Ablösen des Deltabandes oder durch Osteotomien am Innenknöchel erfolgen. Erst wenn eine wirklich symmetrische Bandspannung gelingt, darf man ein einwandfreies Funktionieren des künstlichen Sprunggelenkes erwarten.

Posttraumatische OSG Arthrose - Lockerung wegen Polyäthylenabrieb

links: Posttraumatische OSG Arthrose mit Defekt an der Fibula
rechts: Lockerung wegen Polyäthylenabrieb


Knöcherne Defekte, wie dies nach Sprunggelenksbrüchen ja häufig der Fall ist, etwa die Verkürzung der Fibula, lassen sich mit einer Sprunggelenksprothese nicht ausgleichen. Eine Verkürzung der Fibula muss man durch eine Verlängerungsosteotomie mitbehandeln.

Natürlich gibt es, wie bei anderen Kunstgelenken, auch bei den oberen Sprunggelenksprothesen Implantatversagen, z.B. durch erhöhten Abrieb. DieWahl des Polyäthylens ist von entscheidender Bedeutung, um Osteolysen zu verhindern, die dann wiederum zur Auslockerung des Implantates führen.

Was geht nicht?

Eindeutige Kontraindikationen für die OSG-Prothese sind Talusnekrosen, Infekte, Charcot-Veränderungen. Bei fraglichen Befunden empfiehlt sich immer eine praeoperative MRT-Untersuchung.

In der Literatur gibt es Hinweise, dass arthritisch veränderte Sprunggelenke bessere Ergebnisse bringen als arthrotisch veränderte Sprunggelenke, was möglicherweise mit den knöchernen Defekten zusammenhängt.

Rückzugsmöglichkeit

Eine Rückzugsmöglichkeit nach einer gescheiterten OSG-Prothese ist immer die Arthrodese, allerdings muss man mit erschwerten Bedingungen rechnen, vor allem, wenn bei der Implantation viel Knochen geopfert wurde. Deshalb sind Endoprothesen mit möglichst geringer Knochenresektion vorzuziehen.

Zusammenfassung

Insgesamt liefern die künstlichen Sprunggelenke gute kurz- und mittelfristige Ergebnisse mit einer hohen Patientenzufriedenheit. Die Rehabilitationszeit ist im Vergleich zur OSG-Arthrodese relativ kurz. Es besteht kein Zusammenhang zwischen ROM und Patientenzufriedenheit. Bei der Implantation müssen Achsen- und Rückfußdeformitäten oder anatomische Defekte und Instabilität gesondert korrigiert werden.

Wenn man alle diese Dinge beachtet und die Indikation vorsichtig stellt sind in Zukunft sicher noch bessere Ergebnisse zu erwarten.

Literatur beim Verfasser
Korrespondenzadresse:
BEZIRKSKRANKENHAUS ST. JOHANN/T.
Orthopädie und orthopädische Chirurgie Leiter Prim. Dr. R. Siorpaes
6380 St. Johann in Tirol, Bahnhofstraße 14
Telefon 05352/606-501 Fax 05352/606-271

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